Nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt

Pressemitteilung des Arbeitskreises Wirtschaft

Wie können Arbeitskräfte aus dem Ausland nachhaltig in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden? Zu dieser Fragestellung hatten Dr. Mechthild Frentrup und Dr. Tim Ostermann als Sprecher der Plattform Wirtschaft der CDU OWL am vergangenen Mittwochabend, 10.04.2024, eingeladen. 

Foto (von links nach rechts): Lars Hartwig (CDU), Rainer Kleßmann und Jens Schickel (beide AWO Pflege- und Betreuungsdienste Lippe gGbmH), Dr. Bertrand Toumi (OKOHO Consulting), Rainer Radler (Agentur für Arbeit Detmold), Jan Franzke, Dr. Mechthild FrentrFoto (von links nach rechts): Lars Hartwig (CDU), Rainer Kleßmann und Jens Schickel (beide AWO Pflege- und Betreuungsdienste Lippe gGbmH), Dr. Bertrand Toumi (OKOHO Consulting), Rainer Radler (Agentur für Arbeit Detmold), Jan Franzke, Dr. Mechthild Frentr

Willkommen in Deutschland – von Einem der auszog und heute anderen beim Ankommen hilft.

Dr. Bertrand Toumi stammt gebürtig aus Kamerun. Er ist promovierter Germanist, Sprachlehrer und Inhaber der OKOHO Consulting UG, einer Personalberatung für Fachkräfte aus Drittstaaten. Vor sieben Jahren ist er aus Kamerun nach Deutschland eingewandert. Mittlerweile lebt auch seine Familie hier. In lebendiger Sprache schilderte Toumi am Mittwochabend, 10. April 2024, in den Räumlichkeiten der AWO Pflege- und Betreuungsdienste Lippe gGmbH in Detmold, welche Hürden es beim Ankommen ausländischer Arbeitskräfte in Deutschland zu meistern gilt.

Eingeladen zu diesem spannenden Austausch hatte die Wirtschaftsplattform des CDU Bezirksverbands Ostwestfalen-Lippe: Dr. Mechthild Frentrup, Dr. Tim Ostermann, als Moderatoren, Jan Franzke, Max Hinrichsen und Lars Hartwig als Mitglieder der Arbeitsgruppe beleuchteten gemeinsam mit Bertrand Toumi und den beiden Geschäftsführern der AWO Lippe, Rainer Kleßmann und Jens Schickel, sowie Rainer Radler, dem Leiter der Detmolder Arbeitsagentur, wie Arbeitgeber, Gesellschaft und Politik den Integrationsprozess unterstützen können.

„Wir brauchen einen geordneten Zuzug von Arbeitskräften. Der Arbeitskräftebedarf ist allein durch den demographischen Wandel so hoch, dass wir ohne Arbeitskräfte aus dem Ausland die Aufgaben, vor allem in der Pflege nicht bewältigen können“, fasste Jens Schickel eindringlich die Situation zusammen. „Jedoch dauert es vom Erstkontakt zwischen dem potenziellen Arbeitgeber und den Menschen, die sich aus dem Ausland um eine Stelle in Deutschland bewerben, bis zur erfolgreichen Einreise viel zu lange.“

Trotz beschleunigtem Fachkräfteverfahren für Pflegekräfte aus dem Ausland vergeht laut Toumi von der Bewerbung bis zum erfolgreichen Start immer noch ein ganzes Jahr. Für die Arbeitssuchenden bedeutet das frustrierendes Warten und Unsicherheit darüber, ob die Ausreise überhaupt gelingt. „Lernende Systeme, wie künstliche Intelligenz, könnten in Zukunft beispielsweise die Anerkennung von Zertifikaten unterstützen. Das würde den Prozess beschleunigen“, hofft Rainer Radler aus der Sicht der Agentur für Arbeit.

Nachhaltige Integration geht über die Ankunft am Flughafen hinaus

Wenn die Formalitäten soweit geklärt sind und die Einreise in Deutschland erfolgen darf, fangen die Schwierigkeiten aber erst richtig an: Wo finde ich eine Wohnung? Wie komme ich von der Wohnung zur Arbeit? Wie eröffne ich ein Bankkonto? Alle diese alltäglichen Aufgaben sind doppelt schwierig zu lösen, wenn die Sprachkenntnisse noch in den Anfängen stecken und man nicht weiß, welchem Angebot man trauen kann oder an wen man sich wenden kann.

„Das Risiko ist immens hoch, in den ersten Wochen in Deutschland in eine finanzielle Überschuldungsfalle zu tappen. Beispielsweise muss die Miete oder Kaution für die Wohnung vorab bezahlt werden, den ersten Arbeitslohn gibt es bei den meisten Arbeitgebern aber erst am Ende des Monats. Und ohne ein Bankkonto kann der Lohn gar nicht ausbezahlt werden. Für eine Kontoeröffnung muss ich aber meinen Wohnsitz angeben können“, illustrierte Toumi einige Hürden aus dem Alltag. Nach seinem Konzept beginnt nachhaltige Integration bereits vor der Ausreise im Heimatland der Menschen und hört nach der Ankunft in Deutschland nicht auf.

„Als Arbeiterwohlfahrt kümmern wir uns um die Integration am Arbeitsplatz. Aber was ist nach Feierabend?“, wirft Rainer Kleßmann einen weiteren sozialen Aspekt auf. Gemeinsam mit Bertrand Toumi hat die AWO Lippe vier neue Auszubildende aus Kamerun gewinnen können. Jens Schickel ergänzt: „Für einen der Auszubildenden suchen wir nun einen Fußballverein in Lage. Denn die soziale Teilhabe, beispielweise in einem Sportverein, ist so wichtig für die Menschen. Sie brauchen einen Alltag, in dem sie sich wohlfühlen.“

Der Wunsch an die Politik: Starthilfe geben, Integration als Prozess begleiten

Die beiden Vertreter der AWO Lippe und Rainer Radler von der Arbeitsagentur wiesen darauf hin, dass es in verwandten Bereichen gute, effektive Programme gäbe, die auf den Integrationsprozess ausländischer Arbeitskräfte übertragbar wären. Rainer Kleßmann: „Beispielsweise erhalten Arbeitgeber über das Programm nach § 16i SGB II einen Zuschuss zur Förderung der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen, der über mehrere Jahre sukzessive abgeschmolzen wird. So könnten wir das Ankommen der ausländischen Arbeitskräfte im Arbeitsmarkt nachhaltig begleiten.“

Über die Plattform Wirtschaft beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der CDU Kreisverbände in OWL seit 18 Monaten unter der Leitung von Dr. Tim Ostermann aus Löhne und Dr. Mechthild Frentrup aus Steinhagen mit Themen, die für die Unternehmen in der Region wichtig sind. Ostermann und Frentrup zeigten sich mit dem Ergebnis des Abends zufrieden: „Wir verstehen uns als Fürsprecher der Unternehmerinnen und Unternehmer und wollen die politischen Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort OWL stärken. Dazu ist der direkte Austausch mit Experten und Betroffenen aus der Praxis wichtiger als jede Theorie. Die Punkte aus dem heutigen Abend prüfen wir nun mit Blick auf die Umsetzbarkeit auf Bundes- und Landesebene und in den Kommunen vor Ort.“